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Allgemeine Bauzeitung Ausgabe 8/22: Vorgefertigte Deckenelemente mit Bauteilaktivierung minimieren Betonemissionen

Allgemeine Bauzeitung Ausgabe 8/22: Vorgefertigte Deckenelemente mit Bauteilaktivierung minimieren Betonemissionen

 

Bernkastel-Kues – Ein Betonfertigteil muss nicht zwingend vollständig aus dem Werkstoff Beton bestehen. In der heutigen Zeit geht es darum, CO2 einzusparen und deshalb sucht man nach innovativen Lösungen. Da der Baustoff Beton einen großen Anteil an CO2 erzeugt, muss es das Ziel sein, Volumen und damit Masse zu reduzieren. Insbesondere die Decken im Hochbau verwenden aktuell viel Beton. Gegenüber den Anfängen des Betonbaus vor ca. 130 Jahren hat sich diese Konstruktionen erheblich gewandelt. In den Anfangsjahren war der Werkstoff teuer und entsprechend war man gehalten, wirtschaftliche Konstruktionen mit aufgelösten Konstruktionen einzusetzen. Aus dieser Not heraus wurden die Rippendecken realisiert. Die Haupt- und Nebenunterzüge stützen eine dünne Betonplatte. Die Konstruktionsform verwendet ein absolutes Minimum an Beton. Während im Verlauf der Jahre das Material immer günstiger wurde, stiegen die Lohnkosten. In Verbindung mit weiteren technologischen Entwicklungen setzte sich dann die Deckenkonstruktion der Flachdecke durch. Heutzutage kehren wir wieder zurück zu den Rippendecken, um Betonmaterial einzusparen. Denn die aufgelösten Querschnitte sind genauso leistungsfähig wie die Vollquerschnitte, auch unter dem Gesichtspunkt der geringen Beanspruchungen  durch die Gewichtsreduktion.

Decken mit aufgelösten Querschnitten

So hat sich bereits das CEILTEC® Deckensystem mit dem Sandwichquerschnitt beliebt gemacht, indem durch die Geometrie des Querschnitts bis zu 40% an Betonvolumen gegenüber den Vollquerschnitt eingespart werden konnten. Konsequenterweise lässt sich ein tragender Querschnitt noch weiter auflösen (z. B. als T-Querschnitt). Die Auflösung in einzelne Querschnittsteile eröffnet dann konsequenterweise auch die Möglichkeit, unterschiedliche Baustoffe miteinander zu kombinieren. Durch die innovative Verbindung der einzelnen Bauteile aus unterschiedlichem Werkstoff führt zu der attraktiven Hybridbauweise. Das führt u. a. zu dem Holzbetonverbundquerschnitt mit einer dünnen Betonplatte für die Druckzone und dem Steg aus dem Werkstoff Holz zur Aufnahme der Schub- und Zugbeanspruchungen. Dazu braucht es ein wirksames Verbindungsmittel, um aus den einzelnen Teilelementen schlussendlich einen homogenen Querschnitt entstehen zu lassen. Verlagert man die Prozesse zur Herstellung der Hybridkonstruktion ins Fertigteilwerk, bleiben auch die Lohnkosten niedrig. Zudem wird die Qualität gesteigert.

So lassen sich gegenüber dem für Deckenkonstruktionen üblichen Vollquerschnitt erhebliche Mengen an Beton einsparen. Durch die Einsparungen an CO2 bei vermindertem Betonvolumen und die Verwendung von Holz verbleibt eine sehr positive Ökobilanz.

Vorgefertigtes Plattenelement in Holzbetonverbundbauweise
Deckenuntersicht für ein Geschoss nach der Montage der vorgefertigten Deckenelementen

Die Eigenschaften der Baustoff Beton und Holz

Die Verbindung der beiden Materialien zu einer einheitlichen Konstruktion führt dank der konsequenten Nutzung der einzelnen Vorzüge in der Summe zu weiteren positiven Eigenschaften.
Die Stärken von Beton werden wie folgt genutzt:
• Masse für den Schallschutz (Luftschall, Trittschall)
• Masse als thermischer Wärmespeicher
• Kühlen und Heizen über die Betonmasse wie bei der Bauteilaktivierung
• Die Integration von Rohrleitungen zur vollständigen Klimatisierung der Räume

Der Werkstoff Holz bietet folgende Vorteile wie:
• Ein nachwachsender Rohstoff
• Reduktion von CO2 durch deren Speicherung
• akzeptable Festigkeiten auf Zug und Druck

Neue Eigenschaften der Hybridbauweise

Bei geschickter Verknüpfung dieser Eigenschaften entsteht ein Mehrwert mit einem neuen leistungsfähigen Produkt. Denn die Kombination der beiden Materialien bietet folgende Vorteile:
• Reduktion der CO2-Emissionen durch Minimierung des Betonquerschnitts
• Geringes Eigengewicht mit Auswirkungen auf die Abmessungen der übrigen Bauteile des Gebäudes
• Sehr Nachhaltige Tragkonstruktion
• Leichte Trennbarkeit der einzelnen Werkstoffe
• Anwendung der Bauteilaktivierung für eine ressourcenschonende und energieeffiziente Klimatisierung

Vorgefertigtes Deckenbauteil in Hybridbauweise

In Ergänzung zu dem bereits etablierten multifunktionalen Deckensystem CEILTEC® mit vollständig integrierter Haustechnik hat Innogration GmbH vor einigen Jahren eine Entwicklung für eine neuartige Holzbetonverbundkonstruktion begonnen. Im Wesentlichen wurden mit dieser Entwicklung die folgenden Ziele verfolgt:
• Holz und Betonherstellung für die Deckenkonstruktion als Fertigteil (Deckenelement als Vollfertigteil)
• Keine zusätzlichen Betonarbeiten auf der Baustelle
• Neues Fertigungsverfahren für die saubere Zusammenführung der beiden Materialien
• Neues Verbindungsmittel für die optimale Tragwirkung zwischen Holz und Betonquerschnitt
• Integration von Rohrleitungen im Betonquerschnitt
• Neuartige Verbindungsmittel zur Kopplung der Leitungen in dem Vollquerschnitt
• Umsetzung einer energieeffizienten Klimatisierung für die Räume mit einer Bauteilaktivierung

 

Deckenuntersicht mit den eingebauten Verteilergruppen für die Bauteilaktivierung
Herstellung der Deckenelemente in Holzbetonverbundbauweise mit den integrierten Leitungen für die Bauteilaktivierung

Die Entwicklung der neuartigen Verbindung wurde im Rahmen eines ZIM-Projektes (Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt. Die begleitenden Versuche zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit des neuen Verbindungsmittels wurde an der Technischen Hochschule Kaiserslautern am Lehrstuhl für Stahlbau bei Prof. Kurz durchgeführt.

Neuartiges Fertigungsverfahren zur Herstellung der Hybridkonstruktion

Ergänzend wurde von Innogration ein neues Fertigungsverfahren für die Herstellung der vorgefertigten Holzbetonverbunddecken entwickelt und erfolgreich umgesetzt. angepasste Fertigungstische ermöglichen den vorgängigen Einbau der Holzbalken mit den Verbindungselementen. Die bewegliche Schalung klemmt den Balken ein, so dass kein Beton an den Balken gelangen kann.
Die Integration der Rohrleitungen und insbesondere deren Verbindung über die Plattenfugen hinweg wird mit neuartigen Verbindungselementen hergestellt. Ein spezieller Verbindungskasten an der jeweiligen Plattenfuge erlaubt den Zugriff auf der Baustelle, um Leitungen einzuziehen bzw. dort zu koppeln. Damit wird gewährleistet, dass die Montage der Deckenelemente als Vollfertigteil sehr einfach umzusetzen ist und die durchgehenden Leitungen verbunden werden können. Der zusätzliche Aufwand auf der Baustelle wird auf ein absolutes Minimum reduziert, was in Anbetracht des Fachkräftemangels auf den Baustellen sehr willkommen ist.