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Die Alleskönner Fassade des InnoLiving®

Die Alleskönner Fassade des InnoLiving®

 

 

Quintessenz

  • Multifunktionale, vakuumisolierte Bauelemente können Fassaden energetisch aufwerten
  • Wärme- und Kälteversorgung über Außenwand und Rohrregister
  • Die Außenhülle der Vakuumdämmelemente besteht aus Edelstahl
  • Wärmedämmung ist regelbar
  • Zusätzlich liefern Bewehrungselemente Wärme
  • Vakuumisolation soll bis zur Kleinserienreife entwickelt werden

 

Graue Betonwände haben es in sich: Als Basis von Gebäuden können sie speichern, kühlen, dämmen und Wärme liefern. Dies erkannten die Experten im Projekt MuFuBisS und entwickelten neue multifunktionale Fassadenelemente.

Vorhandene Ressourcen nutzen und diese energetisch aufwerten: Mit diesem Anspruch starteten die Projektpartner im Vorhaben MuFuBisS (Großflächige, multifunktionale Bauelemente mit thermisch aktiven Bewehrungsstrukturen). Mit der Weiterentwicklung der Gebäudehüllen möchten sie die Energieeffizienz bestehender Gebäude verbessern. Das Potenzial ist groß: Gebäude haben einen Anteil von 40 Prozent am Gesamtenergiebedarf in Europa. Steigende Energiepreise und der voranschreitende Treibhauseffekt erfordern neue Lösungen. Multifunktionale, vakuumisolierte Wandelemente könnten eine davon sein. In MuFuBisS wurden nun erstmals verschiedenen Funktionalitäten wie Kühlen, Heizen und Speichern miteinander kombiniert.

„Zunächst haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die Betonwände mit Energie beladen. Dies kann über solare Erträge von außen oder auch über Heizleiter erfolgen, die wir über Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach antreiben oder mit Spitzenspannung aus dem Netz“, erklärt Michael Fischer, MuFuBisS-Projektleiter und Geschäftsbereichsleiter bei der König Metall GmbH & Co. KG in Gaggenau (Baden-Württemberg). Damit die Wärmeenergie im Beton gespeichert werden kann und nicht wieder über die Wandflächen verloren geht, mussten die Außenwände zusätzlich isoliert werden. Hier kommt eine sehr leistungsfähige, thermische Isolierung zum Einsatz.

„Wir bauen eckige Thermoskannen“

Die so genannte gestützte Vakuumisolation sorgt dabei für eine gute Wärmedämmung des gesamten Fassadenelements sowie der Betonschicht. Das Prinzip ist aus dem Alltag bekannt: „Wir bauen eckige Thermoskannen“, fasst Fischer es zusammen. Die Außenhülle der Vakuumdämmelemente besteht aus Edelstahl. Hier war es eine besondere Herausforderung, die beiden vollkommen unterschiedlichen Werkstoffe – Beton und Edelstahl – zusammenzuführen. Diese haben zum Beispiel verschiedene Wärmeausdehnungskoeffizienten und reagieren entsprechend unterschiedlich bei Temperatursteigerungen.

„Bevor wir das Ganze in der Praxis umsetzen konnten, haben wir viele Tests an der Universität Kaiserslautern durchgeführt. Wir haben untersucht, wie sich diese unterschiedlichen Werkstoffe miteinander verbinden lassen und welcher Beton sich für den Einsatz im angedachten Betrieb hinsichtlich thermischer und mechanischer Eigenschaften eignet“, so Fischer. „Außerdem haben wir die Belastbarkeit geprüft: Wieviel Gewicht können die Elemente tragen und wie reagieren sie bei typischen Lastfällen, wie zum Beispiel bei Sturm.“ Die stabile, etwa 20 Millimeter starke Isolierschicht auf der Außen- und Innenwand ist die Basis dafür, dass die weiteren Funktionen der Fassadenelemente – heizen, kühlen, speichern – optimal umgesetzt werden können.

Bewehrungselemente als Heizstäbe

Über die direkte Sonneneinstrahlung auf die Außenwände werden solare Wärmegewinne erzielt, die in der Betonschicht gespeichert werden. Die Dämmwirkung der inneren Vakuumisolierung wird dann so geregelt, dass die gespeicherte Wärme zum Beheizen des Gebäudes verwendet werden kann. Zusätzlich generieren die neuen Fassadenelemente Wärme über so genannte Bewehrungsstäbe. Dies sind Standardelemente aus Stahl, die in Betonbauten integriert werden und hier für Stabilität sorgen.

„Wir haben also diese Elemente, die sowieso in der Wand benötigt werden, so aufgewertet, dass sie nicht nur die Funktion einer klassischen Bewehrung haben, sondern auch gleichzeitig heizen können“, so Fischer. Die Beheizung der GFK-Stäbe mit Heizleiter erfolgt mit elektrischer Energie. Diese kann von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach geliefert werden oder Überschussstrom aus dem Netz sein. Auch Nachtstrom ist möglich. „Wir sind da technologisch vollkommen frei“, so der Projektleiter.

Zusätzlich haben die Forschenden in die Betonwände Rohrregister eingegossen. Durch die Rohrregister fließt das von einer Solarthermie-Anlage auf dem Dach erwärmte Wasser. So kann zusätzlich erneuerbare Wärme generiert und in der Hauswand zwischengespeichert werden.

Kühlung nutzt dieselbe Infrastruktur

Was bei der Heizung funktioniert, lässt sich auch auf die Kühlung des Gebäudes übertragen. So können die Außenwände zum Beispiel genutzt werden, um die Kühle von Sommernächten zu generieren und bei Bedarf im Betonkern zu speichern. Das durch die Rohrregister fließende, kalte Wasser kann ebenfalls zum Abkühlen beitragen und dafür sorgen, Gebäude an heißen Sommertagen zu klimatisieren. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, über einen Erdkollektor Kälte aus dem Boden zu sammeln und diese zu nutzen.

Regelbare Wärmedämmung sorgt für passende Temperatur

Damit an kalten Tagen angemessen geheizt und an heißen Tagen bedarfsgerecht gekühlt wird, ist eine Regelung erforderlich. Über diese kann die Isolierleistung in den Fassadenelementen verändert werden. Die Regelbarkeit der Wärmedämmung wird dadurch erreicht, dass in den Spalt der doppelwandigen Isolierung ein gut wärmeleitendes Gas eingebracht wird. Dieses erhöht die Wärmeleitfähigkeit und sorgt dafür, dass die eingespeicherte Energie innerhalb des Fassadenelements von einer Seite zur anderen transportiert wird. Die Wärmeleitfähigkeit hängt davon ab, wie viel Menge an Gas sich in dem Isolationspaneel befindet. Der Prozess wird je nach Bedarf aktiviert und richtet sich nach den Temperaturwünschen der Bewohner des Gebäudes. „Das Gas ist in einem so genannten Reaktor gebunden. Wenn dieser reagiert, wird das Gas in das Isolierpanel eingesprüht und wir haben einen wärmeleitenden Zustand. Das Gas kann auch wieder in den Reaktor zurückkehren und die Ausgangsisolierung ist wiederhergestellt“, erläutert Fischer.

Zusätzlich gibt es eine so genannte smarte Regelung. Hier fließen prognostizierte Wetterdaten ein. Damit können für etwa 14 Tage die Heiz- oder Kühlbedarfe bestimmt werden und auch relevante Speicherkapazitäten geplant werden. Für die neu entwickelten Fassadenelemente sieht Fischer ein breites Einsatzgebiet: „Die im Projekt erzielten Ergebnisse können sowohl in Einfamilienhäusern und Bürogebäuden als auch auf Quartiersebene umgesetzt werden.“

Ergebnisse und Praxistransfer

  • Die Experten haben ein integriertes aktives Fassadensystem umgesetzt. Der Wärmedurchlass ist mit Hilfe von Vakuumtechnologie regelbar. Damit können Gebäudefunktionen wie lang- und kurzfristige Wärme- oder Kältespeicherung durch Betonkernaktivierung, Gewinnung solarer Energie und Verbesserung der thermischen Behaglichkeit in Gebäuden durch Automatisierung und Regelung als intelligente Gebäudeautomatisierung realisiert werden
  • Zusätzlich realisierten die Projektpartner die zwei Demonstratoren „InnoLiving“und „SmallHouseIV“
  • Für das multifunktionale Speicher-/Heizelement sowie die Vakuumdämmpaneele haben die Projektpartner Schutzrechtsanmeldungen vorgenommen.
  • Die Vakuumisolation soll innerhalb von drei Jahren bis zur Klein-/Vorserienreife entwickelt werden.
  • Es wurde ein neues Geschäftsfeld „Vakuumisolation im Baubereich“ erschlossen.
  • Das im Projekt gewonnene Know-how wird genutzt, um neue Anwendungsfelder für multi-funktionale gestützte Vakuumisolierungen zu erschließen und eine automatisierte Produktionstechnologie für die Serienfertigung zu entwickeln. (bs)

Quelle: Projektinfos.energiewendebauen.de